Katholische Kirche und Künstliche Intelligenz

Manche haben sich gewundert, warum wir auf dem Synodalen Weg unsere sexuellen  Sorgen erschöpfend diskutiert haben, ein anderes, viel wichtigeres Problem aber kaum anzuschneiden wagten: Wie stehen wir als progressive Katholiken zu den atemberaubenden Fortschritten der Künstlichen Intelligenz (KI)?

Für dieses sprachlose Versagen gibt es zwei theologische Erklärungen. Die positive, die interpretatio benigna, weist zu Recht darauf hin, dass uns in Künstlicher Intelligenz niemand etwas vorzumachen braucht. Seit ältester Zeit schon  hatte unser katholisches Denken, vor allem die Dogmatik, einen auffälligen Zug ins Künstliche. Da ist jedes katholische Studentlein schon im römischen Proseminar jedem noch so berühmten KI- oder besser AI-Professor aus Cambridge (Massachusetts) von vornherein um Jahrhunderte voraus.

Die negative, die interpretatio maligna, erkennt dagegen einen ganz  urtümlichen Angstreflex. Seit das Handelsblatt gemeldet hat, dass KI in den grossen deutschen Versicherungen zunehmend „repetitive Tätigkeiten“ übernimmt und die entsprechenden repetitiv geprägten Arbeitsplätze ersatzlos wegfallen, befällt manche noch so talentierte Pastoralassistentin und auch manchen etwas weniger talentierten Pastoralpastor eine nicht unbedingt pastorale Existenzangst.

Besteht nicht jede Religion, vor allem aber die unsere, im Kern aus „repetitiven Tätigkeiten“? Könnte also nicht Künstliche Intelligenz am Altar oder im Beichtstuhl unsere immerzu gleichen Riten besser zelebrieren als unser oft schon an Alzheimer leidender und somit repetitionsunfähig gewordener Klerus?

Hier allerdings gilt es auch gleich einen Irrtum auszuräumen. KI, die solche repetitiven Tätigkeiten übernimmt, gilt in Cambridge (Massachusetts) nur als die „schwache KI/AI“. Viel interessanter für die Katholische Kirche ist jene „starke Künstliche Intelligenz“, die sich, wie aus Wikipedia hervorgeht, gerade jetzt  in rasanter Entwicklung befindet. Damit gemeint ist Künstliche Intelligenz, die nicht nur „repetitiveTätigkeiten“ noch repetitiver gestaltet, sondern der auch etwas gelingt, was bisher menschlicher Intelligenz vorbehalten war: „Starke KI/AI“ ist nicht repetitiv, sondern schöpferisch. Mindestens so schöpferisch, wenn nicht schöpferischer als menschliche Intelligenz.

Wer denkt da nicht gleich an Papst Paul VI?  Bei seiner berühmten Liturgiereform hat menschliche Intelligenz so vieles falschgemacht, dass es naheliegt, die nächste Liturgie-Reform lieber den schöpferischen Fähigkeiten Künstlicher Intelligenz anzuvertrauen. Aber da sind wir immer noch bei den „repetitiven Tätigkeiten“.

Was ich eben sagte, ist jedoch schlichtweg falsch: dass Religion im Kern „repetitiv“ sei. Im Gegenteil: innerster Kern der Religion ist, wie ich bei Hans Urs von Balthasar gelesen habe, etwas zutiefst Einmaliges, Unwiederholbares, ja Revolutionäres: Unsere Religion lebt von ihren Heiligen. Wo aber sind sie, die echten Heiligen unserer Zeit? Hier liegt wohl die wichtigste katholische Aufgabe Künstlicher Intelligenz: Mangels heiliger Menschen künstliche Heilige zu erschaffen. Leider aber lebt auch die Religion nicht von der Heiligkeit allein. Wie wär´s auf die Dauer mit der schöpferischen Herstellung von künstlichen Kirchensteuer-Zahlern?

Derweil hoffen wir progressiven Katholik*innen unentwegt auf einen neuen Erzbischof von Köln. Vielleicht bekommen wir ihn deshalb nicht, weil man im Vatikan einfach nicht mehr weiss, wer das überhaupt werden könnte. Ob es noch irgendeinen gibt, der selber Erzbischof von Köln werden will? Kein normaler Mensch, scheint mir jedenfalls, hat noch Lust, sich  auf einen solchen spirituellen Schleuderstuhl zu setzen. Ein künstlicher Erzbischof von Köln, wäre das nicht eine starke Schöpfung „starker KI/AI“?

In Rom steht gottseidank alles noch nicht so schlimm wie in Köln. Da gibt es noch genügend Kardinäle, die sich zutrauen, mit Gottes Hilfe nächstens Papst zu werden. Die Frage ist nur, wie sich Gottes Wille gegen die Intrigen allzu menschlicher Intelligenz auf dem bevorstehenden Konklave durchsetzen kann. Wäre es da nicht besonders fortschrittlich, nächstens gar kein Konklave mehr abzuhalten, sondern die starke Wahl eines starken neuen Papstes vertrauensvoll „starker KI/AI“ zu überlassen?