Endet der Synodale Weg in Appenzell (Ausserrhoden und Innerrhoden)?

Hans Küngs Lippe war reines Hochdeutsch. Als ich ihn für den „Stern“ interviewte, war er nicht bereit, unter Schweizern auch nur ein einziges Wort Schweizerdeutsch zu sprechen. So machten das freilich manche Zürcher Professoren schon zu Kaiser Wilhelms Zeiten. Das Volk sagte dann: „Är schpricht“.    

 So schprach er. Doch wenn er schrieb, schrieb Hans Küng das reine Gegenteil. Quer durch alle seine Werke, vor allem  in „Christ sein“, drängt sich der Eindruck auf, dass er die ganze katholische Kirche nach schweizerischen Denkmustern und Verhaltensgewohnheiten reformieren wollte. Die verbesserte katholische Kirche der Zukunft also als spirituelle Eidgenossenschaft.

 Was würde Hans Küng jetzt sagen?

 Was würde er, der Schweizer in Tübingen, sagen zu dem heillosen Streit um die Synodalen Wege und Irrwege der deutschen Katholiken? Nur von Häresie und Schisma ist noch die Rede. Die prominenteste Jung-Synodale, Katharina Geskes von der Landjugend Berlin, sagt wörtlich: „Das ist total frustrierend! Deshalb weiß ich auch nicht, wie lange ich es aushalten kann, Mitglied der katholischen Kirche zu sein.“ Nicht einmal die Gottesmutter Maria wird von von den Streithühnern noch geschont. So erbarmungslos hacken Maria 1.0 und Maria 2.0 aufeinander ein.

 Wer kann da noch helfen?

 Einer nur: Hans Küng. Im Umgang mit derart schlimmen, ja unheilbaren Fehden haben ja wir Eidgenossen jahrhundertelange Erfahrung. Was haben wir in solchen Fällen getan? Jedesmal, wenn ein Kanton unversöhnlich zerstritten war, haben wir ihn geteilt. Aber nicht in zwei Kantone, sondern, merket den Unterschied, in zwei Halbkantone. „Halbkanton“, das drückt klar die Scheidung aus, besagt aber ebenso klar, dass so etwas eigentlich nicht sein dürfte, und dass die beiden im Streit liegenden Hälften wieder zusammenfinden müssen. Basel-Stadt und Basel-Land, eines Tages werden sie wieder das ganze Basel sein müssen, genau so wie Nid- und Obwalden. Auch die beiden seit der Reformation getrennten  Halbkantone Appenzell-Innerrhoden und Appenzell-Ausserrhoden werden eines Tages wieder zu einem  ökumenischen Gesamtrhoden friedlich zusammenwachsen müssen.

 Im Sinne von Hans Küng sollten wir deshalb die una sancta germanica auf keinen Fall in zwei Kirchen teilen, wohl aber zum Zeichen, wie sehr die Scheidung uns alle schmerzt, in zwei Halbkirchen, allerdings nicht nach dem Vorbild von Appenzell-Innerrhoden und Appenzell-Ausserrhoden territorial getrennt. Das Prinzip „cujus regio, ejus religio“ ist doch heute gar nicht mehr durchsetzbar. Praktisch leicht zu verwirklichen wäre dagegen, nach dem vorbildlichen Präzedenzfall des Opus Dei, die Einrichtung von zwei deutschen Personalprälaturen. Jede mit einem Halberzbischof an der Spitze.

 Aber droht dann nicht neuer Streit um die Halbierung der Kirchensteuer? Hier, im Sinne von Hans Küng, ein Vorschlag zur Güte: Bis zur Wiedervereinigung der beiden Halbkirchen sollte das gesamte deutsche Kirchensteuer-Aufkommen von der Union Bank of Switzerland treuhänderisch verwaltet werden. Sie hat viel Erfahrung in der Verwaltung umstrittener deutscher Gelder.

 Und über allem Hans Küng. Man wende nicht ein, dass er, obwohl hoch verehrt, noch gar nicht heiliggesprochen ist. Als himmlischen Patron für den deutschen Katholizismus braucht es keinen ganzen Heiligen. Ein halber Heiliger wie Hans Küng genügt.