Nichts gegen Softporno

„Sex ist dummes Zeug für kleine Kinder“, hat Andy Warhole einmal gesagt. Unter diesem Gesichtspunkt fällt eine gewisse Infantilisierung des katholischen Klerus ins Auge. Nicht nur des Niederen Klerus, sondern auch der allerhöchsten Amtsträger.

Kaum haben wir die Nachricht verwunden, dass der emeritierte Erzbischof von Washington, Theodore McCarrick - zur Tatzeit immerhin Amerikas höchster katholischer Würdenträger –, an schönen Sommertagen mit schönen Seminaristen  Beachboy  spielte, da kommt aus Spanien, besser gesagt: aus Katalonien, erneut eine ähnlich verstörende Nachricht: Bischof Xavier Novell Gomà von Solsona entsagt seinem hohen Amt, weil er sich verliebt hat. Keine Angst, es ist eine Frau.

Mit 41 geweiht, heute 52, galt Bischof Novell als Spaniens jüngster Bischof und hatte sich beliebt gemacht, weil er sich gegen den Zölibat ausgesprochen hatte. Anderseits hatte er sich doch auch unbeliebt gemacht, weil er entgegen allen Werten der Europäischen Union nichts von der Homo-Ehe halten wollte. Eine etwas ungefestigte Persönlichkeit also. Leicht möglich, dass so einer, im Leichtsinn der Jugend, althochdeutsch gesagt, „einem Weibe verfällt“.

Allerdings ist es in seinem Falle nicht irgendein Weib. Es handelt sich vielmehr um die 14 Jahre  jüngere Schriftstellerin Silvia Caballo. Die geschiedene Mutter zweier Kinder, heisst es in Barcelona, sei einem weiten spanischen Publikum wohlbekannt als Autorin verführerischer „Softporno-Romane“.  

Was dürfen wir uns unter „Softporno-Romanen“ vorstellen?   Vielleicht nichts Schlimmeres als jene „Liebesromane“, die meine kleine Schwester sich, longlong ago, am Bahnhofskiosk besorgte. Eines dieser schmuddeligen Hefte ist mir in besonderer Erinnerung, trug es doch den interessanten Titel „Die wilde Ursula“. Wenn das nicht, damals schon, Softporno war! Nachgetragen habe ich´s meiner kleinen Schwester nie. Soll ich es einem noch nicht ganz gefestigten spanischen Nachwuchs-Bischof nachtragen, dass  sich sein erotischer Gefühlshaushalt noch nicht über meine kleine Schwester hinaus entwickelt hat? Im Gegenteil: „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder …“

Je mehr sich die Softporno-Nachrichten aus dem hohen und höchsten Klerus mehren, desto wichtiger wird es, dass wir lernen, sie positiv aufzunehmen. Religion hat bekanntlich viel gemein mit dem Theater. Seit alters gibt es auf der Bühne den klassischen Unterschied zwischen Tragödie und Komödie. Xavier und Silvia, Bischof und Softporno-Autorin, dieser reale Liebesroman lässt manche frech grinsen. Mich dagegen lässt er demütig hoffen. Kehrt die katholische Kirche, die seit ein paar Jahren unnötig tragisch gestimmt schien, jetzt zurück in ihren ureigenen Modus: in die divina Commedia?