Laughing it away

Wieder kommt mir ein Pressebild aus Kabul vor die Augen. Es stammt vom Tag, an dem die Taliban die Stadt überrannt haben. Zu sehen ist das Schaufenster eines Schönheitssalons, davor ein älterer Herr, schon mit grauen Schläfen, wahrscheinlich der Besitzer des Ladens. Er ist damit beschäftigt, das grossflächige Bild einer schönen Frau, das sein Schaufenster bedeckt, mit einer Teleskoprolle von oben bis unten weiss zu übermalen. Sein Gesicht, soweit erkennbar, scheint ernst. Zweifelnd eher und nachdenklich wirkt das Gesicht eines jüngeren Gehilfen, der hinter ihm steht. Doch dann erst, bei genauem Hinsehen, fällt im Hintergrund eine dritte Person auf. Das ist ein kleiner Junge, der über das, was die beiden Erwachsenen da tun, ganz einfach lacht. Nicht nur übers Gesicht geht sein Grinsen, es prägt sein ganzes Körperspiel.

Schade, dass wir  im Deutschen kein Wort haben für boyhood. Und dass uns deshalb das männliche Erlebnis der Kindheit so wenig bewusst ist. Mir bleibt die Erinnerung, dass auch ich damals die Lust verspürt habe, dem Ernst des Lebens, dem Ernst der Erwachsenen, den Ernst zu verweigern. Dem kleinen Jungen in Kabul wünsche ich, dass ihm sein Lachen noch lange nicht vergehe.  Wie jenen Schwarzen in Amerika, die gerade dann lachten, wenn sie nichts zu lachen hatten. Und sie nannten es „laughing it away“.